Der Geschmack von Rost und Knochen
Die ganz großen Schicksalsschläge sollen es sein und damit natürlich auch die ganz großen Emotionen. Natürlich nicht einmal, sondern gleich im Doppelpack. Und so porträtiert Jacques Audiards Film zwei gegensätzliche Figuren, die ihre eigenen Probleme zu bewältigen haben und die das (und nochmal) Schicksal zusammenführt. Zwar ist das insgesamt sehr überzeugend gespielt – gerade Marion Cotillard weiß zu beeindrucken – und absolut gekonnt inszeniert. Wie die Kamera immer wieder Reflexionen des Sonnenlichts einfängt und nutzt, entzückt das Auge. Doch irgendwie kann man sich des Eindruckes nicht gänzlich erwehren, dass alles leicht unrund wirkt. Trotz der zwei Stunden Lauflänge scheinen manche Entwicklungen etwas gestrafft und das selbst proklamierte Drama darf schonmal astrein kitschig mit Hilfe von Popmusik aufgebrochen werden. Welch Lebensmut, welch Optimismus, der sich da ankündigt. Ein persönliches Problem stellte außerdem die Figur des Ali dar. Als von inneren Dämonen Getriebener funktioniert er nicht wirklich. Diese Figur und auch der ganze Film als solches stehen beide deutlich im Schatten des 2011er Regiedebüts von Paddy Considine “Tyrannosaur”, das sehr ähnlich von zwei gebeutelten Menschen handelt, die einander brauchen, um wieder in die richtige Bahn gelenkt zu werden. Doch während Peter Mullan seinem Joseph eine ungemein intensive wie bedrohliche Aura verlieh, die letztendlich auf sein Seelenleben zeigte und das Kunststück fertig brachte, sich in eine menschgewordenen Bestie einfühlen zu können, so wirkt Ali über weite Strecken in seinem Auftreten leider wie ein dummer Prolet, der erst späte Einsicht in sein Handeln zeigt. Durch ihn kommt in gewisser Weise auch ein Coming-Of-Age-Element in die Geschichte, die auch schon mit dem existenziellen Drama um Marion Cotillards Figur und der sich leise anbahnenden Romanze zwischen beiden zu tun hat. Das Jonglieren mit diesen Bestandteilen glückt dem Film aber nicht zur Gänze und wenn am Ende eine glückliche Zukunft aller Beteiligten angedeutet wird, dann bleibt ein etwas unausgegorener, unzufriedener Eindruck.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: De rouille et d’os Land: Frankreich, Belgien Jahr: 2012 Regie: Jacques Audiard Darsteller: Marion Cotillard, Matthias Schoenaerts, Armand Verdure Weitere Infos: IMDB, Amazon
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