Das Salz Swanetiens
Swanetien liegt an sich schon am Ende der Welt, aber selbst dieser menschenverachtende Landstrich im hohen Norden der UdSSR birgt abermals eine Enklave. Diese ist praktisch von der Außenwelt abgeschottet, lediglich ein paar wenige Wochen im Jahr besteht die Chance, von den eisigen Höhen hinab ins Tal zu kommen, wo es das überlebenswichtige Zubrot zu verdienen gibt. Die Arbeiter bringen Salz mit, das in der Heimat von jedem Lebewesen dringend gebraucht wird. Wohl aufgrund der Abgeschiedenheit hat sich hier eine archaische Lebensweise erhalten. Das Schwache stirbt und der Stärkere – den Starken als solchen scheint es hier nicht zu geben – darf am Leben bleiben. Schwangere werden beispielsweise mitunter als schlechtes Omen gesehen, was für die betroffenen Frauen samt Kind den Ausschluss aus der Gemeinschaft bedeutet – und somit den sicheren Tod. Michail Kalatozov (”Die Kraniche ziehen”) hat mit diesem Stummfilm von 1930 ein alles andere als leicht zugängliches Werk geschaffen. Fast schon dokumentarisch wirken die Szenen, nur um dann schlagartig in einen wilden expressionistischen Rausch zu geraten. Harte, schnelle Schnitte und großformatige Gesichter zeugen von den inneren wie äußeren Kämpfen, die der Mensch hier zu kämpfen hat. Es mutet seltsam an, was der Regisseur mit seinen Bildern und der Erzählform bewirkt. Weniger steht eine klassische Handlungs-und Erzählweise im Mittelpunkt, als vielmehr die Wirkung der Bilder, die am Zuschauer nicht spurlos vorüber gehen. Vieles steckt in diesem Film. Der Kampf der Traditionen gegen die Moderne, der des Menschen gegen die Natur… und über all dem scheint das große Thema der Menschheit zu schweben: das Leid. Somit gibt “Das Salz Swanetiens” einen sehenswerten, sehr experimentellen Stummfilm ab, der für jeden, der einmal über den Otto-Normal-Film-Tellerrand schauen will, einiges bereit hält.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Jim Shvante (marili svanets) Land: Sowjetunion Jahr: 1930 Regie: Michail Kalatozov Weitere Infos: IMDB
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