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Zwei Tage, Eine Nacht

Montag, 3. November 2014 · Autor: Reiskorn

zwei_tage_eine_nacht_sceneDies ist die perverse Welt in der wir leben: Die global vernetzte Wirtschaft zwingt plötzlich kleine und mittelständische Unternehmen mit aufstrebenden Firmen aus dem Ausland zu konkurrieren und damit an den Abgrund. Es ist ein Krieg, der auf große Distanz gegen diffuse Gegner ausgefochten wird, doch die ersten Opfer sind auch hier die “Kleinsten”, die Fußsoldaten, das arbeitende Volk. Eine seelisch völlig ausgelaugte und wieder einmal famos aufspielende Marion Cotillard hat ein Wochenende Zeit, ihre Kollegen darum zu bitten, auf ihre ihnen zustehende Prämie von 1000€ zu verzichten, damit sie ihren Job behalten kann. So zumindest ist die Situation, denn die Firma kann sich nicht beides leisten und die jüngst von einer Depression Genesene scheint hierbei noch am entbehrlichsten. Ein scheinbar aussichtloses Unterfangen, das von einem Wechselbad der hoffnungsvollen wie ernüchternden Gefühle begleitet wird. Im Grunde ist das auch schon der Plot des Films. Doch “Zwei Tage, Eine Nacht” versteht es in den vielen, scheinbar oftmals gleich ablaufenden Begegnungen der Kollegen präzise Aussagen zu den Lebensumständen am unteren Ende der modernen Arbeitswelt zu treffen. Die Gefahr der eigenen finanziellen Krise lässt fürsorgliche Menschlichkeit und egozentrischen Überlebensinstinkt gegeneinander ausspielen und sorgt von Gespräch zu Gespräch für schwere moralische Fragen, denen man selbst niemals ausgesetzt sein möchte und denen man aber beim Schauen des Films nun unbedingt nachgehen muss. Dabei wird schnell deutlich, dass es richtige und falsche, gute und schlechte Positionen gar nicht gibt. Jede Entscheidung die getroffen wird ist im Grunde vollkommen nachvollziehbar und legitim und jeder noch so kleine Erfolg der einen Person könnte schon den Niedergang einer anderen bedeuten. Ein Umstand, der die Situationen besonders herzerreißend wie spannend macht. Dazu passt eine vollkommen dem Realismus verpflichtete Inszenierung, die mit viel Handkameraeinsatz besonders der Hauptprotagonistin sehr nahe auf den Zahn fühlt und zwei_tage_eine_nacht_coverdie auf jedwede weitere künstliche Elemente vollends verzichtet. “Zwei Tage, Eine Nacht” ist summa summarum ein äußerst aufschlussreicher Film über einen bestimmten Teil unserer Gegenwart und bietet außerdem an, wie man damit umgehen sollte: Kämpferisch.

Zusätzliche Informationen zum Film

Originaltitel: Deux jours, une nuit Land: Belgien, Frankreich, Italien Jahr: 2014 Regie: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne Darsteller: Marion Cotillard, Fabrizio Rongione, Pili Groyne Weitere Infos: IMDB, Amazon

Redaktion:
★★★★★★★★☆☆ 

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Leser: 8.0/10 (1 Bewertung eingegangen)
Zwei Tage, Eine Nacht, 8.0 out of 10 based on 1 rating

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