The Seasoning House
In unserer Reihe “gute Filme, die sich selbst umbringen”, heute: “The Seasoning House”. Eigentlich ein formal richtig guter kleiner Drecksfilm, dieser Rape-n-Revenge-Streifen von Paul Hyett. Ausschließlich angesiedelt in einem schäbigen Freudenhaus, in dem weibliche Beute der Jugoslawienkriege Mitte der 90er Jahre verzwangsprostituiert wird, folgt der Film seiner taubstummen Protagonistin, der wohl nur deshalb die ehrenvolle Aufgabe zuteil wird, andere Mädchen unter Drogen zu setzen und sich ansonsten unbehelligt rar zu machen. Hyett lässt seinen Film die meiste Zeit angenehm atmen – in ruhigen wie eleganten und oftmals verlangsamten Einstellungen folgt die Kamera Angel, so der Name der Taubstummen, auf ihrem Weg durch das schön stimmig beleuchtete und eklig-modrige Haus. Fast schon möchte man dank der sicheren und äußerst angenehmen Inszenierung ein Fünkchen Schönheit in dieser Finsternis ausmachen. Gleichzeitig hat Angel sofort alle Sympathien auf Zuschauerseite. Rosie Day war zum Zeitpunkt des Drehs gerade einmal 17 Jahre alt und überzeugt auf der Stelle mit einer verdreckten Engelspräsenz, gequält und leidend, aber noch lange nicht erstarrt, sondern trotz oder gerade wegen der Umstände voller Mitgefühl. Und so lange “The Seasoning House” das Martyrium der Mädchen in diesem Haus schildert, ist er fesselnd und schockierend.
Doch es kommt wie es kommen muss, die Ereignisse überschlagen sich und plötzlich muss es Action sein. Zugutehalten darf man dem Film an dieser Stelle seinen enormen Härtegrad. Dieser lässt durchaus staunen angesichts der FSK-18 Freigabe für die ungeschnittene Version und ganz offensichtlich hatte man einen besonders guten Tag in der Prüfanstalt. Angesichts des allgemein misogyn-nihilistischen Tones und einiger derber Goreeffekte absolut keine Selbstverständlichkeit. Trotzdem: Wie ab einem gewissen Wendepunkt die Ungereimtheiten und Zufälle im Minutentakt via Bildschirm auf einen niederprasseln, ist dann ein klein wenig haarsträubend und selbst für logiklochtolerante Genrefans und Gorehounds eine Spur zu unglaubwürdig. An dieser Stelle fällt das “Seasoning (Karten-) House” in sich zusammen und macht kaum noch Anstalten, sich wieder aufzurappeln.
Angesichts der bis dahin etablierten Stimmung und Qualität ein Ärgernis. Schade. So bricht sich ein potenziell starker Streifen im äußerst blutigen Schlussakt selber das Genick – auch wenn es hübsch-rötlich anzuschauen ist. Genrefans sollten dennoch mindestens einen Blick drauf werfen.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: The Seasoning House Land: UK Jahr: 2012 Regie: Paul Hyett Darsteller: Rosie Day, David Lemberg, Amanda Wass Weitere Infos: IMDB, Amazon
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