Soy Nero
Es klingt eigentlich ganz spannend: Der junge Nero wurde einst von den USA mit seiner Familie in die mexikanische Heimat abgeschoben. Seitdem plant er wieder den Weg zurück. Illegal verschafft er sich Zutritt in die Staaten, um als sogenannter “Green Card Soldat” der Armee beizutreten. Wenn er seinen Militärdienst ableistet, kann er legal dauerhaft dort bleiben.
Die Voraussetzungen für ein packendes Drama sind damit gegeben, doch die Umsetzung raubt dem Stoff auch noch jedes Quäntchen seines enormen Potenzials. Denn egal um welche Momente es sich handelt, “Soy Nero” krankt an seiner trockenen Inszenierung und daran, dass man hier kein Gespür für Rhythmus und Schnitt hatte und viele Einstellungen und Szenen schlichtweg viel zu lange dauern, ohne dass sich daraus auch nur im Entferntesten ein Gewinn für Geschichte und Figuren ergeben würde. Dadurch verschwendet der Film viel Zeit mit Nebensächlichkeiten und ab der Mitte wird er auf einmal ein gänzlich anderer Film, eine Art Low-Budget-Arthouse-”Jarhead” im Kriegsgebiet irgendwo im Nahen Osten. Ging es bis dahin noch um den Weg Neros zum Militär, der mit sich mit einem enormen Zeitsprung erledigt hat, gerät er jetzt beinahe vollkommen in den Hintergrund und überlässt zwei Afro-Amerikanern das Feld. Nero schaut in der Langeweile der Wüste zunächst nur zu und warum eigentlich überhaupt andere Figuren, um die es eigentlich gar nicht geht, in den Mittelpunkt rücken erschließt sich nicht. Zumal hier ein weiteres großes Manko deutlich wird: Offensichtlich handelt es sich bei nahezu allen Darstellern um Amateure, die auch noch leidlich gelungene Dialoge wiedergeben müssen. Manchmal drängt sich der Verdacht der Improvisation auf, aber das macht es auch nicht besser. Pseudocoole Debatten über Rapper und vermeintlich witzige Sprüche sollen in diesem öden Elend von Film wohl für Erheiterung sorgen, scheitern aber dabei kläglich und das Interesse schwindet einfach so dahin – da kann auch ein ein Feuergefecht nichts mehr retten.
“Soy Nero” will eine spannende Geschichte erzählen und tut dies auf die denkbar unspannendste, uninteressanteste Art und Weise, die möglich gewesen ist: Als quälend starre Variante strengen Autorenkinos aus Europa, ohne deren formalen Qualitäten, guten Darstellern und Dialogen. Ein ganz großes Ärgernis.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Soy Nero Land: Deutschland, Frankreich, Mexiko Jahr: 2016 Regie: Rafi Pitts Darsteller: Rory Cochrane, Michael Harney, Khleo Thomas Weitere Infos: IMDB
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