Pusher II
Warum man Nicolas Winding Refn immer wieder als den “dänischen Tarantino” bezeichnet weiß ich nicht – und es macht auch keinen Sinn. Schon mit seinem Erstlingswerk “Pusher” (1996) konnte Refn einen ganz eigenen Stil prägen und sich auch gleich eine internationale Fangemeinde aufbauen. Der zweite Teil der Pusher-Trilogie ist noch näher an einer Milieustudie als der Vorgänger: Realismus satt, gebrochene Figuren und skandinavische Rabenschwärze. Hauptfigur des Films ist Tonny: ein Junkie, psychisch nicht mehr ganz auf der Höhe, gerade aus dem Knast entlassen und auf der Suche nach seinem Platz in der Unterwelt von Kopenhagen. Mads Mikkelsen mimt diesen raubeinigen, mit Tattoos übersäten Underdog mit brilliantem Minimalismus und schafft es mit Leichtigkeit, seiner kaputten Figur einige nicht unsympathische Züge abzugewinnen. Der große Rest des Casts besteht aus Laiendarstellern, doch wird hier – bis auf ein, zwei Ausnahmen vielleicht – durch die Bank wirklich erstklassig geschauspielert. Bezeichnenderweise hat Refn seinen Film dem amerikanischen Skandalautor Hubert Selby Jr. gewidmet, und in der Tat atmet sein Kopenhagen denselben düsteren Geist wie das verrottete New York in “Last Exit To Brooklyn”. Natürlich hat “Pusher II” auch den ein oder anderen Lacher zu bieten. Zeit, lange herumzuglucksen hat man trotzdem nicht, weil Refn jedesmal jäh einen weiteren menschlichen Abgrund aufreißt. Schwere, durchaus sehenswerte Kost wieder einmal aus dem Kongeriget Danmark, auch wenn sich zwischendurch immer wieder gehörige Längen einschleichen.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Pusher II Land: Dänemark, England Jahr: 2004 Regie: Nicolas Winding Refn Darsteller: Mads Mikkelsen, Leif Sylvester, Kurt Nielsen Weitere Infos: IMDB, Amazon
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