Oben
Schon “Die Unglaublichen” sprudelte nur so vor Referenzen an das Superhelden-und Agentengenre und nahm nebenbei das geschniegelte und doch sehr öde Leben von Mittelstandsfamilien in kleinen Vororten gehörig auf die Schippe. Bei “Ratatouille” ging es um etwas, womit eigentlich die Erwachsenenwelt mehr zu tun hat, als die der Kinder: Kochen und der Genuss, der Zauber und die Leidenschaft dahinter. Und “Wall-E” war einfach eine herzerwärmende Lovestory, die sich in den ersten 30-40 Minuten wie ein Stummfilm verhielt. Animationsfilme aus dem Hause Pixar glänzen schon seit einiger Zeit also damit, dass sie zu weit mehr imstande sind, als nur das Gemüt von Kindern zum Lachen zu bringen. Geschickt werden auch stets Themen und Anspielungen mit in die Handlung als fester Bestandteil integriert, mit denen Vater und Mutter weitaus mehr anfangen können und sich auch damit identifizieren können. Nun also “Oben”, der zweifelsohne den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung markiert. Denn Hauptprotagonist Carl ist ein alter nörgelnder, in Trauer und Selbstmitleid badender Tattergreis, dem das wohl einzige, was ihm je etwas bedeutete, schon vor geraumer Zeit verlorenging: seine Frau. In einer der wohl magischsten und ergreifendsten Sequenzen der letzten Zeit werden die vielen wunderbaren als auch einige tragische Momente seines Ehelebens mit seiner Frau runtergebrochen. Ein glückliches, fast erfülltes Leben, das nicht mehr gemeinsam zu Ende gehen kann. Verlust und Verlustverarbeitung sind bei “Oben”, trotz der natürlich auch kindgerechten Inszenierung, zentrale Themen, die sich wie ein roter Faden durch den Film hindurchziehen. Und selbst wenn das fantastische Abenteuer seinen Lauf nimmt und abertausende Luftballons ein ganzes Haus in die Lüfte hieven, so bleibt mit jedem Blick, den Carl seinem Haus voller Erinnerungen an seine Frau schenkt, eine große Portion Melancholie. Dazu passt, dass auch der unvermeidliche Sidekick, Pfadfinder Russel, nicht einfach die Buddyrolle übernimmt. Auch hier werden Probleme angedeutet, Russel, der von seinen Eltern vernachlässig wird und dies auch spürt. Fast schon möchte man deshalb den Slapstick und die Action als störend und als faulen Kompromiss an die Masse empfinden, wobei sie dennoch natürlich kurzweilig unterhalten. Nichtsdestotrotz liegen die großen Stärken von “Oben” ausnahmsweise mal in den leisen, wie auch emotionalen Tönen, die den Film letztendlich im Bereich der Mainstreamanimationsfilme als einzigartig dastehen lassen.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Up Land: USA Jahr: 2009 Regie: Pete Docter, Bob Peterson Weitere Infos: IMDB, Amazon
Redaktion:
Kommentar zu diesem Beitrag
Kommentare abonnieren