Nerven
1919 versucht Robert Reinert augenscheinlich dem Unbehagen, das durch Deutschland geht, cineastisch auf den Grund zu gehen. Zu dieser Zeit ist die Gesellschaft selbstredend noch stark von den Eindrücken des 1. Weltkrieges eingenommen – da grenzt es schon an Wahnsinn, einen solch schwerverdaulichen Film abzudrehen. Angebrachter wäre wohl eher eine Komödie gewesen, aber andererseits – wann denn dann einen solchen Film bringen? An dieser Stelle sei angemerkt, dass “Nerven” schon damals geschnitten bzw. zensiert wurde, was die Sichtung heute nicht gerade einfacher macht, weil das Geschehen so manches Mal nicht “rund” wirkt. Als Hauptfigur dient dem Regisseur ein reicher Industrieller, dem nach einem schweren Zwischenfall in seiner Firma im wahrsten Sinne des Wortes die Nerven durchgegangen sind. Immer wieder kommen anfallartig Albträume, Visionen sowie ein allgemeines Getriebensein zum Vorschein. Diese Sequenzen sind mit Abstand das Beste am ganzen Film, durch sie gelingt es dem Filmemacher perfekt, die Probleme seines Protagonisten greifbar zu machen. Der große Rest indes entpuppt sich dann doch eher als recht durchschnittliche und manchmal auch – aufgrund der fehlenden Fragmente? – schlicht nicht nachvollziehbare Filmkost. Vor allem als Zeitdokument kann man “Nerven” natürlich gar nicht hoch genug einordnen. Für Filmhistoriker damit ein Muss, aber mit Abstrichen können sich auch Freunde des Stummfilms dieses Werk zu Gemüte führen.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Nerven Land: Deutschland Jahr: 1919 Regie: Robert Reinert Darsteller: Eduard von Winterstein, Lia Borré, Erna Morena Weitere Infos: IMDB, Amazon
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