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Menschenfeind

Montag, 28. Juni 2010 · Autor: Reiskorn

menschenfeind_sceneAuch das Erstlingswerk von “Irréversible”-Regisseur Gaspar Noé ist schwer verdaulicher Stoff. Mitunter den Eindruck einer “Taxi Driver” Steigerung weckend, geht es dem “Menschenfeind” um die Darlegung seiner Gedankenwelt mittels innerer Monologe, während er sich, nachdem er seiner schwangeren Frau in den Bauch geschlagen hat und somit das ungeborene Kind getötet hat, arbeitslos, mit 300 Francs in der Tasche und 3 Kugeln in der Pistole, durch tristeste… erbarmungslos graue Straßen seinen Weg bahnt. Man sieht einer von vorne bis hinten gescheiterten Existenz zu, wie sie weiter in den Abgrund aus Schuldzuweisungen gegen alles und jeden hinabdriftet und auch nicht vor Schwulen und Ausländern halt macht…gedanklich. Doch es sind seine Gedanken, die den Film tragen, die in ihrer äußersten lebens- und menschenverachtenden Art und Weise unbedingt zitierfähig sind und deren Pessimismus, Bitterkeit und Desillusioniertheit dennoch irgendwie nachvollziehbar sind. Schwer zu ertragende Phasen hat ein jeder schonmal in irgendeiner Weise verlebt und im “Menschenfeind” sehen wir eine Kulmination dessen, wie ein ganzes Leben schwer ertragbar wird und sich dazu auch die Gedankenwelt zum bodenlos Schlechten verdichtet. Dazu passt auch, dass Noé seinen Film durchgängig in verdrecktes Gelb und in Brauntöne gelegt hat, während der ohnehin schon damals karge Stil der 80er Jahre, in denen der Streifen spielt, seinen Senf zur visuellen Unterstreichung der Psyche des Protagonisten hinzugibt. Und als ob das noch nicht genug wäre, stellt Noé für das Zusammenleben von Menschen so wichtige Worte wie “Moral” und “Gerechtigkeit” der Filmhandlung gegenüber und lässt sie schon regelrecht vom Protagonisten demontieren. Über die gesamte Filmdauer mag das alles sehr eintönig werden, trotz der Steigerung der Gedankengänge. Diese Eintönigkeit macht jedoch Sinn, wenn man bedenkt, menschenfeind_coverdass sich der “Menschenfeind” eben selbst in dieser konkreten Eintönigkeit befindet, darunter leidet und es ihm auch noch zu 100% bewusst ist. Am Ende gibt sich der “Menschenfeind” der Liebe hin…womit er wohl am absoluten Tiefpunkt angelangt ist. Wer wissen will, was damit nun gemeint sei, schaut ihm bei seinem Weg dorthin zu.

Zusätzliche Informationen zum Film

Originaltitel: Seul contre tous Land: Frankreich Jahr: 1998 Regie: Gaspar Noé Darsteller: Philippe Nahon, Blandine Lenoir, Frankie Pain Weitere Infos: IMDB, Amazon

Redaktion:
★★★★★★★☆☆☆ 

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Leser: 3.7/10 (3 Bewertungen eingegangen)
Menschenfeind, 3.7 out of 10 based on 3 ratings

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