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Mann beißt Hund

Mittwoch, 5. Mai 2010 · Autor: Reiskorn

mann_beisst_hund_scceneBereits Anfang der 90er Jahre fanden sich ein paar belgische Filmemacher zusammen um mit scheinbar einfachsten Mitteln, aber einer mehr als nur interessanten Idee, dem Doku- und Reality-TV-Format mit jeder Menge schwarzen Humor, bitterböse sein hässliches Gesicht im Spiegel vorzuhalten. Und dabei geht es im Prinzip um nichts weiteres, als dass ein kleines Filmteam einen Mann namens Ben auf Schritt und Tritt durch seinen Alltag begleitet. Der Mann ist charmant, witzig, gibt sich höchst intellektuell und scheint ein wenig selbstverliebt, besucht brav seine Eltern und … eigentlich ein richtiger Vorzeigebürger. Doch sein Beruf (oder soll ich etwa sagen, seine Leidenschaft?) lässt die Sache so richtig interessant werden: Ben ist ein Mörder. Und nein, wir reden hier nicht von einem ultracoolen Profikiller, sondern von einer scheinbar vollends normalen, rationalen Persönlichkeit, die sich nur eine exorbitante Freizeitbeschäftigung ausgesucht hat. Ben tötet, und zwar weiß und schwarz (die man gemeinerweise “nicht im Dunkeln sehen kann”), alt (!) und jung und sogar sehr jung (!!!) und lässt das Team nicht nur draufhalten sondern alsbald richtig teilnehmen. Als Zuschauer wird man unweigerlich, wie die Filmemacher selber, in den Bann gezogen und sieht sich urplötzlich mit seiner eigenen perversen Neugier auf den nächsten Mord konfrontiert. Denn “Mann beißt Hund” verlässt zu keiner Sekunde seinen verwackelten, s/w Handkamerastil, welcher nicht, wie z.B. bei “Cloverfield”, bloßes Stilmittel ist, sondern tatsächlich wesentlicher Bestandteil, ja quasi ein Thema des Films selbst ist. Würde man nicht wissen, dass es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt, man würde das Gesehene schlichtweg für echt halten, so ungefiltert und direkt scheint alles. Und dadurch funktioniert der Film so wunderbar, deshalb wirkt er so intensiv und verstörend und der Realismus der Gewalt geradezu überfordernd. “Mann beißt Hund” hat schon lange vor “Frauentausch”, “Big Brother”, “Mitten im Leben” und ähnlichen Schundsendungen das entsprechende Format vorweggenommen und gehörig verrissen und zeigt gleichzeitig, mann_beisst_hund_coverwohin uns die Sensationsgier der Medien noch führen kann: Zum Ablegen aller Tabus (eine Tendenz, die sich durchaus langsam aber sicher mitverfolgen lässt). Als Zuschauer wird man selbst mit der Frage konfrontiert, ob man sich das denn wirklich zumuten möchte … nur um diese Frage ganz still und klammheimlich zu bejahen.

Zusätzliche Informationen zum Film

Originaltitel: C’est arrivé près de chez vous Land: Belgien Jahr: 1992 Regie: Rémy Belvaux, André Bonzel, Benoît Poelvoorde Darsteller: Benoît Poelvoorde Weitere Infos: IMDB, Amazon

Redaktion:
★★★★★★★★★★ 

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Leser: 9.7/10 (3 Bewertungen eingegangen)
Mann beißt Hund, 9.7 out of 10 based on 3 ratings

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