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Lone Survivor

Sonntag, 6. April 2014 · Autor: Reiskorn

lone_survivor_sceneWas ist gut an “Lone Survivor”? Nüchtern betrachtet, eigentlich gar nicht mal so wenig. Wie es sich für eine zeitgemäße, bleihaltige Produktion Hollywoods mit Kriegssujet so gehört, weiß der Film in allen technischen Belangen vollends zu überzeugen. Die Kämpfe sind packend, unmittelbar inszeniert, sehr blutig und gehören klar zu den besten Auseinandersetzungen mit Schusswaffen, die man in jüngerer Zeit auf der großen Leinwand betrachten konnte. Allen voran die famose Tonebene trägt sehr zur Intensität bei – es peitscht und pfeift aus allen nur erdenklichen Richtungen in alle nur erdenklichen Richtungen, dass es eine wahre Freude ist. Ebenfalls eine echte Erwähnung verdient hat die Make-up Abteilung. So überzeugend wurden noch nie Soldaten im Kampf verwundet und ihre zunehmend desolate körperliche Verfassung wird mit jeder Minute immer offenkundiger. Allen voran der arme Ben Foster gibt zum Ende hin ein geradezu groteskes Bild ab, dass man sich schon im Horrorgenre wähnt. Würde “Lone Survivor” das Ziel verfolgen, ein reiner Actionfilm im Stile späterer Rambos sein zu wollen, man hätte es mit einem starken Genreeintrag zu tun, der jedem “Expendables”- Afficionado ordentlich Futter bietet. Nur will er es nicht, denn schließlich soll die gescheiterte Mission “Red Wings” in Afghanistan authentisch wiedergegeben werden. So muss sich der Streifen den strengeren Blick als Kriegsfilm gefallen lassen und hier fangen die Probleme an. Denn anstatt man eine kritische Auseinandersetzung mit dem nach wie vor aktuellen Thema Afghanistan und etwaige Hintergrundinformationen erhält, wird hier ideologisch der ganz großen Heldenverehrung und Propaganda nachgegangen. Mark Wahlberg und Co. dürfen sich auch in “Lone Survivor” gegenseitig versichern, dass man es ja nur füreinander tun würde und dass man noch möglichst viele Gegner töten möchte, ehe man selbst ins Gras beißt, denn Aufgeben ist nicht. Selbst eine so oberflächliche pseudokritische Haltung gegenüber dem Soldatentum, wie er in “Black Hawk Down” anklang, hat hier keinen Platz. Stattdessen wird gleich zu Beginn der gemeinsam durchgestandene Drill glorifiziert, nur um anschließend den Blick auf das Ergebnis dieses Drills freizugeben: Die Kamera labt sich ausführlich an dem perfekt trainierten (natürlich nackten) Oberkörper von Taylor Kitsch und anschließend dürfen unsere übermenschlichen Supersoldaten im Laufwettbewerb vor wunderschöner Kulisse einmal mehr zeigen, wie toll es doch ist, an seine eigenen Grenzen zu gehen und sein Bestes zu geben. Für Friede, Freude, Vaterland und Eierkuchen. A propos schöne Kulissen: Man kann und darf wohl kein modernes Kriegsgerät mehr filmen, wenn es nicht wenigstens vor Sonnenaufgang-/untergang geschieht und auch während des Einsatzes unterwandert Regisseur Peter Berg die eigene Intensität der Kämpfe immer wieder durch postkartenwürdige Aufnahmen der Berglandschaft. Nur ist das hier nicht “Der Schmale Grat” von Terrence Malick, die Naturaufnahmen verkommen als visuelle Verschnaufpause zum reinen Selbstzweck. Es sei denn es darf ruhmreich gestorben werden. In einer ganz besonders hübschen wie ärgerlichen Szene lässt ein G.I. sein Leben auf einem einsamen Felsvorsprung, den er zuvor schwer verletzt erklommen hat, damit er von dort aus mit einem Funkspruch wenigstens Hilfe für seine Kameraden anfordern kann. Die Kugeln prasseln auf ihn nieder, alles in Zeitlupe, unter ihm breitet sich das große weite Tal aus, was für ein Wallpaper. So viel Selbstaufopferung und Heldentod springt einen geradezu von der Leinwand an und sollte hierzulande für reichlich Sodbrennen sorgen. Das ist insofern schade, als dass tatsächlich einiges an kritischem wie reflexivem Potenzial vergeudet worden ist. So sehr das Soldatentum abgefeiert wird, so teilt “Lone Survivor” zumindest ein paar kleine Seitenhiebe gegen das Militär als durchreglementierte Institution aus und stößt damit Gedanken zur Absurdität von Regeln und Gesetzen im Angesicht des gesetzlosesten und primitivsten aller menschlichen Zustände an. Weil die Soldaten aufgrund dieser Gesetze eine Diskussion darüber führen, ob sie denn eine Gruppe Ziegenhirten erschießen oder am Leben lassen sollten und diese letztendlich freikommen, finden sie sich wenig später umzingelt wieder. Auch an anderer Stelle wird Hilfeleistung wegen der strikten Einhaltung von Vorschriften nur verzögert. Gesetzestreue führt im Krieg unweigerlich zu Tod und Verderben. Das der Film aber hier nicht tiefer in die Materie lone_survivor_covergeht und sich im Anbetracht der Werbeclipäshtetik gar dagegen entscheidet, ist damit sein größter Fehler. So bleibt abschließend festzustellen, dass “Lone Survivor” zwar auf simpler Actionfilmebene durchaus zu überzeugen weiß, als ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg in Afghanistan jedoch kläglich versagt.

Zusätzliche Informationen zum Film

Originaltitel: Lone Survivor Land: USA Jahr: 2013 Regie: Peter Berg Darsteller: Mark Wahlberg, Taylor Kitsch, Emile Hirsch Weitere Infos: IMDB, Amazon

Redaktion:
★★★★☆☆☆☆☆☆ 

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