Kleine Vera
Als Teenager hatte man es in der Sowjetunion sicherlich nicht einfach – und wenn man am liebsten auf den Putz haute, ohne sich Gedanken über die Konsequenzen zu machen, schon zweimal nicht. Vera bildet da keine Ausnahme und geht lieber auf Partys und mit wechselnden Jungen ins Bett statt sich Sorgen um ihre Zukunft zu machen. Ihre Heimatstadt hat für Auge und Gemüt – vom nahegelegenen Meer einmal abgesehen – aber auch verdammt wenig zu bieten. Kraftwerke und Industrieanlagen, die an jeder Ecke ihren Dreck in die Luft prusten, dominieren das Bild. Dieser Dreck scheint der Bevölkerung gänzlich den positiven Blick in die Zukunft vernebelt zu haben. Veras Eltern zumindest können ihr kaum helfen und widmen sich, vor allem der Vater, lieber dem geliebten Wodka statt für sichere und ordentliche Verhältnisse zu sorgen. Obwohl “Kleine Vera” optisch stark in den 80er Jahren verhaftet ist und einige Erzählstränge fahrig und wenig durchdacht wirken, weiß der Film als Drama zu überzeugen. Aufgrund seiner teils freizügigen Darstellung als Skandalfilm verschrien, sind die einschlägigen Szenen aus heutiger Sicht höchstens noch ein Schmunzeln wert. Besonders gut gelungen ist Regisseur Vasili Pichul die Einbettung der Handlung in die vor Tristesse schreiende Umgebung, die lebensfeindlicher gar nicht sein könnte: die heruntergekommenen Industrieanlagen werden zum Spiegel des hoffnungslosen Zustandes der Protagonisten. Die sicher nicht von der Hand zu weisende Beeinflussung nachfolgender Regisseure einmal außen vor gelassen: “Kleine Vera” wurde völlig zurecht mit zahlreichen Auszeichnungen überschüttet und dürfte eines der besten Dramen der 80er Jahre sein.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Malenkaya Vera Land: Sowjetunion Jahr: 1988 Regie: Vasili Pichul Darsteller: Natalya Negoda, Andrei Sokolov, Yuriy Nazarov Weitere Infos: IMDB, Amazon
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