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Jimmy P. – Psychotherapie eines Indianers

Montag, 7. November 2016 · Autor: Reiskorn

jimmy_p_psychotherapie_eines_indianers_sceneIch verstehe weder etwas von Psychologie, Psychoanalyse noch von Psychotherapie und ich glaube einfach mal, dass es den meisten Bürgern so geht. Nun muss das de facto nicht bedeuten, dass man mit einem Film, der fast ausschließlich das Thema der Seelenklempnerei behandelt, nichts anzufangen wüsste. “The Big Short” zum Beispiel feuert dem Zuschauer Fachbegriffe und Entwicklungen aus der Finanzwelt nur so um die Ohren, dass einem schwindelig wird, aber das macht er mit einer inszenatorischen und darstellerischen Verve, dass man trotzdem schwerst unterhalten wird, auch wenn man nichts versteht. Wie ist das aber bei “Jimmy P. – Psychotherapie eines Indianers”?

Zuallererst muss man lobend feststellen, dass der zusätzliche deutsche Verleihtitel die Essenz des Films punktgenau wiedergibt, wo doch an der Stelle meist alberne oder gar irreführende Stilblüten vorherrschen. Aber genau das darf man auch als Warnung verstehen, denn in dem Film von Arnaud Desplechin geht es um nichts anderes. Benicio Del Toro spielt den titelgebenden Kriegsveteranen Jimmy, der unter diversen schwerwiegenden Symptomen wie Hörverlust und Kopfschmerzen leidet und der dann vom Psychoanalytiker Deveraux (Mathieu Amalric) unter dessen Fittiche genommen wird. Was dann folgt sind knapp zwei Stunden lange Gespräche, in denen Jimmy verschiedenste Anekdoten aus seinem Leben erzählt und Deveraux mitunter trivial anmutende Fragen stellt. Eine dramaturgische Zuspitzung der Sitzungen erfolgt fast gar nicht – gelegentlich spielt die Musik ein wenig auf, wenn man mit Jimmy mitfühlen soll, aber im Großen und Ganzen bleibt der Film auf einem nüchternen emotionalen Level, wodurch er sich schnell zu einer eintönigen und langweiligen Sache entwickelt. Erschwerend kommt hinzu, dass Amalric seinen Deveraux am Rande zur Karikatur spielt und ein eher nervtötendes, zappeliges Bündel abgibt, während Del Toro mit einem verhaltenen, aber intensiven Spiel punkten kann. Ein Nebenhandlungsstrang mit der Geliebten Deverauxs führt vollkommen ins Nichts und der Schnitt irritiert mit Aussparungen und Sprüngen, deren Sinn und Motivation sich nicht erschließt.

Das ist insofern schade, weil verschiedene Rückblenden und Traumsequenzen durchaus vom inszenatorischen Können aller Beteiligten hinter der Kamera zeugen, in denen mitunter beeindruckende Bilder zustande gekommen sind. Doch dieses Potenzial wurde nicht ausgeschöpft – stattdessen muss man unentwegt lauschen, ohne zu wissen, wohin das alles führen soll und wo genau jetzt der Kniff des Ganzen liegt. Aber das wissen wahrscheinlich nur Personen vom Fach und alljene, die es noch werden wollen. jimmy_p_psychotherapie_eines_indianers_cover“Jimmy P. – Psychotherapie eines Indianers” hält, was der Titel verspricht und ist trotz eines sehenswerten Benicio Del Toros ein ingsesamt dröger Film geworden, bei dem man sich das Ende ungeduldig herbeisehnen wird.

Zusätzliche Informationen zum Film

Originaltitel: Jimmy P. Land: USA, Frankreich Jahr: 2013 Regie: Arnaud Desplechin Darsteller: Benicio Del Toro, Mathieu Amalric, Gina McKee Weitere Infos: IMDB, Amazon

Redaktion:
★★☆☆☆☆☆☆☆☆ 

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