Il grido – Der Schrei
Stilistisch mag Michelangelo Antonionis 1957 enstandenes Frühwerk “Il grido” noch in der Tradition des Neorealismus stehen – inhaltlich geht es bereits deutlich darüber hinaus. Vieles von dem, was Antonionis Werk in den 60er Jahren ausmachen wird, lässt sich hier bereits entdecken. Roher, direkter, noch nicht so intellektualisiert vielleicht, doch das Grundmuster ist unverkennbar. “Il grido” handelt in erster Linie von dem, was uns die Kamera vorenthält. Ein Film über das Leben, in dem ein Mann am Dasein verzweifelt und dem Selbstmord entgegentreibt. Ein Film über die Liebe, in dem alles Amouröse nur bedeutungsloser Zeitvertreib ist. Nicht zuletzt natürlich auch ein Film über Heimat, in dem ausschließlich Entfremdung und Verlorenheit zu spüren sind. Obendrein beinahe ein Roadmovie: Thema von “Il Grido” ist die ziellose Wanderung einer verlorenen Seele durch die endlos weite, nebelverhangene, fast schon post-apokalyptisch anmutende Ebene des Po. Der einfache Mechaniker Aldo (Steve Cochran) wurde von seiner Fast-Ehefrau Irma (Alida Valli, “Der dritte Mann”) böse versetzt und hat sich deshalb Hals über Kopf in ein Vagabundenleben gestürzt. In Begleitung seiner kleinen Tochter lässt er sich von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob treiben, bändelt mit einer Ex-Geliebten, einer Tankwartin und einer Hure an, träumt kurzzeitig davon, nach Venezuela auszuwandern und weiß im tiefsten Grunde seines Herzens doch, dass er seinen inneren Frieden nicht mehr finden wird. 
Ein ruhig fließender, wortkarger Film mit beeindruckenden Landschaftsaufnahmen, der nebenbei bemerkt den Kreis zu Antonionis erstem Werk überhaupt schließt – “Gente del Po”, einer Dokumentation über die einfache Landbevölkerung an den Ufern des Flusses.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Il grido Land: Italien, USA Jahr: 1957 Regie: Michelangelo Antonioni Darsteller: Steve Cochran, Alida Valli, Betsy Blair, Dorian Gray Weitere Infos: IMDB, Amazon
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