Gertrud
In seinem letzten Film von 1964 fährt Carl Theodor Dreyer noch einmal alle Geschütze auf, für die man ihn entweder liebt oder hasst. Sein Spiel, den Fokus voll auf die Handlung zu legen und sämtliche störende Elemente außen vor zu lassen, treibt er hier auf die Spitze. Nicht nur dass die Kulisse wie seit jeher äußerst karg erscheint, auch Dialoge und Mimik wurden auf ein Minimum heruntergefahren, um so die größtmögliche Konzentration auf die Entfaltung der Geschichte zu gewährleisten. Ein Meister, wem dies gelingt, aber selbst Dreyer, der diesen reduzierten Stil kultiviert hat, gelingt mit “Gertrud” nicht der ganz große Wurf. Die Bilder, wie so oft genial. Nur fehlt dieses Mal einfach das ansprechende Thema dazu. Gertrud ist aus weiblicher Sicht eigentlich in einer perfekten Position. Die Männer liegen ihr zu Füßen und verzeihen ihr alles. Fremdgehen – kein Problem. Ebenso wenig wie das Einfordern großer und uneingeschränkter Liebe für sie. Was wiederum die Männer an dieser Frau finden und zu finden hoffen, bleibt schleierhaft, da sie mit ihrem totalitären Anspruch ohne nennenswerte Gegenleistung irgendwo auf die Nerven geht. Und das ist auch das Problem der Geschichte. Was die Dame nun eigentlich will und wie es es zu erreichen gedenkt, bleibt unklar, eine genauere Auseinandersetzung mit der Figur so gut wie unmöglich. Nichtsdestotrotz markiert dieses Werk mit all seinem Licht und Schatten das Karriereende eines der ganz großen Regiemeister, mit dem sich filmgeschichtlich wohl nur Größen wie Bergman, Antonioni, Fellini usw. messen können.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Gertrud Land: Dänemark Jahr: 1964 Regie: Carl Theodor Dreyer Darsteller: Nina Pens Rode, Bendt Rothe, Ebbe Rode Weitere Infos: IMDB, Amazon
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