Fellinis Casanova
Deconstructing Giacomo Casanova: Federico Fellini macht aus dem venezianischen Freigeist und Frauenhelden kurzerhand einen La Mettrie’schen Machinenmenschen und lässt diesen als grotesk kostümierten Gecken durch die moribunde Hofwelt des ausklingenden 18. Jahrhunderts irrlichtern. Abgesehen von “Satyricon” dürfte “Casanova” der mit Abstand größte Freak-Zirkus sein, den der Römer jemals auf die Leinwand gebracht hat. Es gibt einiges zu sehen in dieser karnevalsbunten Papp- und Plastikplanenwelt: schiefgesichtige Kreaturen in rauen Mengen sowieso, außerdem Orgien, eine schaukämpfende Riesin, notgeile Krüppel, Sexualrituale, bizarre Tischgesellschaften, ja sogar ein in einen Wal integriertes Pornomuseum. Und mittendrin Donald Sutherland als schrille Casanova-Karikatur, ein “Amore, Amore” röchelnder, fleischgewordener Fickapparat, der für seine Universalgelehrtheit nur Gelächter erntet und sich in wortwörtlichen Rammelwettbewerben selbst verschwendet. Am Ende ist dieser außergewöhnliche Film weniger ein Abgesang auf den historischen Casanova als auf dessen schwärmerische Mythologisierung. Den sehr speziellen Fellini-Humor sollte man allerdings schon abkönnen, sonst dürfte das hier eine sehr strapaziöse Seherfahrung werden.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Il Casanova di Federico Fellini Land: Italien, USA Jahr: 1968 Regie: Federico Fellini Darsteller: Donald Sutherland, Tina Aumont, Cicely Browne Weitere Infos: IMDB, Amazon
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