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Fantasy Filmfest Short Films 2010

Mittwoch, 22. September 2010 · Autor: Reiskorn

fantasy_filmfest_short_films_2010_sceneUyuni (Spanien, 2009)

“Uyuni” ließ das Publikum auf dem Fantasy Filmfest 2010 völlig sprachlos, schockiert und niedergeschlagen zurück, absolute Stille herrschte vor. Vollkommen zurecht, denn mehr dramatische Intensität kann man wohl kaum in 14 Minuten, bei einem derart zwar schönen aber doch sehr kargen Setting und mit nur zwei Schauspielern, wohl nicht mehr unterbringen. Ein Mann will seiner Freundin den perfekten Heiratsantrag machen und wird leider verschmäht (das übliche “Freunde bleiben”). Als sie auch noch den wahren Beweggrund nicht nennen will, kocht in ihm die Wut hoch, Verdächtigungen, Beschuldigungen und letztendlich Verletzungen sind die Folge. Es ist in erster Linie den beiden großartigen Darstellern zu verdanken, dass “Uyuni” so gut funktioniert, das irrationale Handeln des männlichen Protagonisten ist irgendwie sehr nachvollziehbar. Doch zunehmends verwandelt er sich in ein verzweifeltes Monster und greift zu Mitteln, welche die Beklemmung komplett machen. Für die Frau ohne Aussicht auf Hilfe und absolut schonungslos steuert der Film auf diesen einen Moment am Ende hinzu, bei dem allen, Zuschauern wie auch der männlichen Hauptfigur, nochmal ein dicker Schlag versetzt wird. Diese 14 Minuten sind eine wahre Wucht und definitiv harter Tobak aber nichtsdestotrotz, oder einfach natürlich gerade deswegen, ganz, ganz stark. [9/10]

Love Me Tender (USA, 2010)

Fängt toll an, aber danach wirds nicht mehr so richtig. Es geht um ein Mädchen, dass es einfach nicht hinnehmen kann, wenn ihre naive Vorstellung von Liebe nicht geteilt wird oder sie generell verschmäht wird. Natürlich greift sie da zu sehr drastischen Mitteln. “Love Me Tender” ist einfach ein wenig Teenieslasher in Kurzform, mit ein wenig Blut und ein wenig Witz und leider mehr auch nicht. [3/10]

I Love Sarah Jane (Australien, 2008)

In einem postapokalyptischen Australien, das von Zombies überrannt wurde, versuchen ein paar Kinder einfach nur zu überleben und zurecht zu finden. Einer ist verliebt in Sarah Jane, der er wohl gerne näher kommen will, während seine anderen pubertierenden Freunde nichts besseres zu tun haben, als einen gefesselten Zombie zu necken. Eigentlich sind der Zombie und die Spuren des Chaos nur Bonus, es geht eigentlich anscheinend nur um einen verschüchterten Jungen, der ein Auge auf ein Mädchen hat , das sich als recht tough herausstellen soll, was dem kleinen Jungen äußerst gefällt. Eine splattrige Einstellung ist der Spuk schon wieder vorbei und die größere Aussage erschließt sich so nicht. Tendenz zur Langeweile. [3/10]

Oma rennt! (Deutschland, 2010)

Machen wir es kurz und bündig: Dieser deutsche Kurzfilmbeitrag zeigt uns ein Wettrennen zweier Omis, mit Hilfe ihrer Gehhilfen, bei dem es um den Platz auf einer Parkbank geht. Das alles ist ganz nett und mit 4 Minuten zum Glück sehr kurz, tut niemandem weh und man darf ruhig schmunzeln. Und mehr gibt es dazu auch nicht mehr zu sagen. [4/10]

The Horribly Slow Murderer with the Extremely Inefficient Weapon (USA, 2008)

Noch mehr Skurrilitäten vom Fantasy Filmfest 2010: Bei diesem wie ein Trailer aufgezogenen Kurzfilm geht es um einen Dämon, der nicht etwa Sekunden, Minuten oder Stunden braucht um sein Opfer zu töten. Sondern Jahre. Denn als einzige Tatwaffe bedient er sich eines Esslöffels. Der Film weiß um seine bescheuerte Idee und macht keinen Hehl daraus, diese bis zum Maximum auszureizen und dabei manchmal auch den Bogen bis zum Äußersten an- aber nicht zu überspannen. Der ganze Spaß ist verhältnismäßig gut getrickst und gewollt größenwahnsinnig (Auf 5 Kontinenten gedreht! 9 Stunden Länge des Hauptfilms!), aber natürlich trägt das zum Mordsgaudi nur bei. Komplett blödsinnig mit viel Augenzwinkern. [7/10]

The Kinematograph (Polen, 2010)

Einen Film über Film zu sehen, das klingt reichlich nach doppelt-gemoppelt und in der Vergangenheit gab es schon viele Filme, die mal mehr oder weniger das eigene Medium auf die Schippe nahmen. Nicht so dieser feine animierte Kurzfilm aus Polen. Die Charakterdesigns
sehen zunächst einmal etwas gewöhnungsbedürftig aus (im wahrsten Sinne hölzern), doch hat man sich erstmal darauf eingelassen, kann “The Kinematograph” seine volle, ja, kinematographische Kraft entfalten. Im Mittelpunkt steht ein alter Herr, der gerade an der Erfindung der bewegten Bilder arbeitet und dem nur noch die Farben fehlen, um endgültig zufrieden zu sein und um damit dann zum Patentamt zu gehen. Doch vertieft in seine Arbeit vernachlässigt er seine Frau, die dann von ihm unbemerkt krank wird. In nur 12 Minuten entfaltet der Film einen wahren Zauber, der bewegt und gefangennimmt, ohne größeren intellektuellen Anspruch, aber mit umso mehr Gefühl, der in einigen großartig montierten und ebenbürtig musikalisch unterlegten Sequenzen mündet und die ganze Melancholie der Geschichte zu transportieren weiß. Es ist wirklich erstaunlich wieviel Film man in einen Kurzfilm verpacken kann und deshalb ist “The
Kinematograph” auf jeden Fall sehr sehenswert. [8/10]

Shinda Gaijin (Thailand, 2010)

Bei “Shinda Gaijin” findet ein japanisches Mädchen urplötzlich eine Leiche in ihrer Badewanne und wenig später verschiedene Sorten Messer. Es ist klar, was getan werden muss. Die Leiche wird zerstückelt, entsorgt und das Problem ist…nicht aus der Welt. Denn am nächsten Tag ist dieselbe Leiche wieder da. Und wenig später gibt es zur Entsorgung ein anderes Utensil. Und so geht es tagein-tagaus, die Leiche hat dabei jeden Tag eine andere Krawatte an und für das Mädchen gibt es immer wieder andere Wege der Entsorgung. “Shinda Gaijin” zeigt recht amüsant, wie anpassungsfähig Mensch sein kann und auch extreme Situationen mit der Zeit zum reinen Alltag verklärt. Normalität durch ständige Wiederholung, aber die erst spannende, dann lockere Inszenierung verhindert zum Glück für die Kürze der 12 Minuten jegliche Eintönigkeit. Eine nette Idee, gut umgesetzt. [7/10]

He Dies at the End (Irland, 2009)

Vor einiger Zeit kursierten im Internet einige richtig fiese Bilder/Clips, die erst einen zum intensiven Draufstarren bei gleichzeitig aufgedrehtem Sound brachten (weil vorher ein myteriöser Kontext in Form eines Textes gegeben wurde), nur um dann urplötzlich in einer hässlichen Fratze, unterlegt von einem grässlichen Schrei, zu wechseln und dem Rezipienten den Herzinfarkt seines Lebens verpassten. “He Dies at the End” ist genau das. Der Titel ist natürlich Programm und bis es soweit kommt vergehen insgesamt 5 qualvolle Minuten. Qualvoll jedoch, nicht weil das Gezeigte schlecht wäre, nein, sondern weil diese wenigen Minuten ein Paradebeispiel hergeben für höchst effektiven wie auch effizienten Spannungsaufbau. Am Ende kommt die Fratze mit Gesicht und man darf laut aufschreien und sich anschließend über seine eigene Reaktion erleichternd totlachen. Perfekt genutzte 5 Minuten, die manch anderem längeren Genrekollegen wohl den Rang ablaufen dürften. [7/10]

Half Hearted (England, 2010)

Mann wacht auf, kann sich an nichts mehr erinnern, hat eine Prostituierte an seiner Backe kleben, die er bezahlen muss, er selbst hat kein Geld und ein halbfertiges Tattoo auf dem Arm. Was nun? Schnell was einfallen lassen und nebenbei die wenigen Puzzlestücke der letzten Nacht wieder zusammensetzen. Soviel zur Handlung dieses Kurzfilmes, der geradlinig von einem britischen Looser erzählt und der für die Beschaffung des Geldes letztendlich ein echtes Wagnis eingeht. “Half Hearted” ist ganz sympathisch und nett, aber “nett” ist ja bekanntlich der kleine Bruder von “scheiße” und so vergehen die 15 Minuten durchschnittlich amüsant. [4/10]

The Story of My Life (Frankreich, 2009)

Eine Frau trifft auf der Straße einen Mann, der vorgibt sie zu kennen. Zunächst nur etwas irritiert und das ganze für eine Verwechslung haltend, wird die Frau zunehmends dadurch verunsichert, dass der Mann scheinbar alles aus ihrem Leben weiß und sogar noch mehr darüberhinaus. Was hat es mit dem Mann nun auf sich? Das Ende soll nicht verraten werden, aber hier wurde eine an sich bereits bekannte und weit verbreitete Idee und Vorstellung mal etwas anders aufbereitet. 6 Minuten in Unwissenheit bis zum Schluss, bei dem es einem dann urplötzlich dämmert. [6/10]

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