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Enter the Void

Freitag, 1. Oktober 2010 · Autor: Reiskorn

enter_the_void_sceneAller wahnsinniger, schwieriger und herausfordernder Dinge sind drei, müsste es bei Gaspar Noé heißen. Bei “Enter the Void” perfektioniert er seinen Stil des scheinbar ohne bzw. kaum mit Schnitten auskommenden Films, den er mit einer völlig losgelösten Kamera umsetzt und liefert ein ums andere mal schon formal eine richtige Kraftprobe für jeden Zuschauer, der das Wagnis eingeht, sich sein neues Werk anzuschauen. Konsequent aus der subjektiven Sicht erst der Hauptfigur, dann von dessen freischwebender Seele erzählt, geht es um Oscar, der mit seiner Schwester in Tokio als Drogendealer lebt, während sie als Stripperin ihre Brötchen verdient. Ein vermeintlicher Drogendeal entpuppt sich jedoch als Falle, in deren Verlauf Oscar von der Polizei erschossen wird. Fortan irrt seine Seele durch die Stadt, die Zeit und beobachtet dabei seine Bekannten, scheinbar ziellos. Die Geschichte ist bei “Enter the Void” so ziemlich vollkommen unwichtig, was im Vordergrund steht ist die Porträtierung eines Zustandes, der keiner ist. Dabei lotet Noé nicht nur alle Grenzen des Filmischen aus, sondern sprengt diese mitunter und mutet dem Zuschauer dabei teils unerträgliche Sequenzen von heftig flackerndem Licht zu, nur um ihn danach wieder der Kamera in die Hände zu geben, die Kunststücke vollführt, wie sie nicht mal ein Düsenjetflieger zu realisieren wüsste. Und dennoch ist es gerade diese unfassbar gnadenlose Stilistik gepaart mit der transzendentalen Thematik, die zunächst wirklich aufregend ist, denn vergleichbares hat man wohl so noch nie gesehen. Und als ob das noch nicht genug wäre, lässt Noé seine Zuschauer auch noch an die Drogenflashs seines Protagonisten teilhaben und stellt diese als eine Häufung schöner, bunter Illusionen dar und macht somit den audiovisuellen Trip perfekt. Ein erhebliches, ja fast schon dem Film das Genick brechende Problem ist jedoch die Länge. Über zweieinhalb Stunden lang wird man von der puren Surrealität und Verstörung, sowohl formal als auch inhaltlich, torpediert, bis diese anfänglich so wirksamen Elemente fast gänzlich an Bedeutung und Sogkraft verlieren. Die ohnehin schon irgendwie wenig aussagenden und noch weniger erzählenden Bilder und Sequenzen werden zu einer Endlosschleife und somit zu einer wahren Geduldsprobe. Münden tut das alles in der Wiedergeburt Oscars, die man “hautnah” miterlebt. Um nicht zu sagen: So tiefe Einblicke gewährte wohl noch kein Kinofilm zuvor und wer es bis dahin noch nicht getan hat, wird spätestens hier vermutlich komplett vor Noé kapitulieren wollen. Wie schon zuvor gilt, dass man einen Gaspar Noé entweder lieben oder hassen muss und dieses mal fällt es gar nicht so leicht, eine Entscheidung zu treffen. enter_the_void_coverEine absolut grenzwertige Filmerfahrung ist “Enter the Void” allemal geworden, bei dem schon die Opening Credits verstörender und verrückter sind, als so mancher kompletter Film. Wenn jemals die Bezeichnung eines Films als Trip wie die Faust aufs Auge passte, dann hier.

Zusätzliche Informationen zum Film

Originaltitel: Enter the Void Land: Frankreich, Deutschland, Italien Jahr: 2009 Regie: Gaspar Noé Darsteller: Nathaniel Brown, Paz de la Huerta Weitere Infos: IMDB, Amazon

Redaktion:
★★★★★☆☆☆☆☆ 

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Leser: 10.0/10 (2 Bewertungen eingegangen)
Enter the Void, 10.0 out of 10 based on 2 ratings

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