Diaz: Don’t Clean Up This Blood
Genua im Sommer 2001: nach verheerenden Straßenschlachten rund um den G-8-Gipfel kommt es in der Nacht auf den 22. Juli zu einer offensichtlich politisch angeordneten “Racheaktion”. 300 Polizisten rücken in die zum Nachtlager umfunktionierte Diaz-Schule ein und prügeln den dort untergebrachten, aus aller Welt angereisten Anti-Globalisierungs-Aktivisten in – man kann es nicht anders sagen – brutalster Art die Scheiße aus dem Leib. Die Torturen der Opfer sind damit noch lange nicht ausgestanden, es folgen Festnahmen, Verhöre, Folter, Abschiebungen. Über zehn Jahre ist das mittlerweile her und längst schon wieder aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden – eine Tatsache, der sich Daniele Vicari mit diesem grimmigen, harten Film entgegenzustemmen versucht. “Diaz” ist genauso chaotisch wie die Nacht, von der er erzählt, mit Originalaufnahmen, Handkameragewackel, einem halben Dutzend zunächst parallel verlaufender Handlungsstränge. Schließlich kulminiert alles im penibel rekonstruierten, beeindruckend realistisch umgesetzten Sturm auf die Schule, bei dem es im Nachhinein betrachtet fast schon an ein Wunder grenzt, dass es keine Toten zu beklagen gab. Vicaris Hauptaugenmerk liegt klar auf den Opfern des polizeilichen Gewaltexzesses, wobei man, und das ist der einzige ernsthafte Vorwurf den ich diesem Streifen machen kann, gerne noch mehr über die politischen Hintergründe erfahren hätte. Wer hat wann was entschieden, wie lief die Befehlskette, was war von wie langer Hand geplant – auf all diese Fragen gibt “Diaz” keine oder nur ungenaue Antworten, so dass man ohne Vorwissen schnell ins Schleudern kommen dürfte. Davon abgesehen: ein sehr gut gespieltes, brachiales Dokudrama, das in Erinnerung ruft, dass rechtsstaatliche Standards auch in der hochgelobten EU im Zweifelsfall nicht das Papier wert sind, auf dem sie garantiert werden.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Diaz: Don’t Clean Up This Blood Land: Italien, Rumänien, Frankreich Jahr: 2012 Regie: Daniele Vicari Darsteller: Claudio Santamaria, Jennifer Ulrich, Elio Germano Weitere Infos: IMDB
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