Das goldene Zeitalter
Wie auch schon der legendäre Schock-Kurzfilm “Ein andalusischer Hund” (1929) ist Bunuels “Goldenes Zeitalter” Surrealismus in Reinkultur: ein Experimentalfilm, der sich fernab jeder Logik bewegt und stattdessen das Absurde und Groteske feiert. Die Storyline um ein Pärchen, das seine Liebe gegen den Widerstand von Kirche und Gesellschaft durchsetzen will, ist reine Fassade: hier geht es nur um die Bilder. Und um den Skandal. Man sieht Menschen, die plötzlich an der Decke kleben, Priester, die auf einem Felsen am Meer Gebete murmeln und in der nächsten Einstellung nur noch Skelette sind. Es wird angedeutet, dass Christus an einer Orgie aus den “120 Tagen von Sodom” teilnimmt. Eine laszive Schöne lutscht hingebungsvoll am großen Zeh einer Marmorstatue. Ein Junge schlägt einem Mann die Zigarette aus dem Mund – der schießt das Kind einfach über den Haufen und verpasst ihm sogar noch einen Fangschuss. Ein Anderer wirft – rasend vor Zorn – nacheinander einen Pflug, einen brennenden Tannenbaum, einen Priester und eine Giraffe aus dem Fenster. Extravagante Bilder sind das, die aus der Kinogeschichte nicht mehr wegzudenken sind. Die meiste Zeit aber: viel Leerlauf, minutenlang Konversationen ohne Ton, immer wieder auch hin- und herlaufende Menschen. All das sorgte 1930 für Randale im Kinosaal, Beschlagnahmungen und rigorose Zensur. Als Kurzfilm hätte “Das goldene Zeitalter” sicher bestens funktioniert, auf über 60 Minuten gestreckt ist er an der Grenze des Erträglichen. Bunuel findet einfach keinen Rhythmus.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: L’âge d’or Land: Frankreich Jahr: 1930 Regie: Luis Bunuel Darsteller: Gaston Modot, Lya Lys Weitere Infos: IMDB, Amazon
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