Das 1. Evangelium – Matthäus
Filme über das Leben und Wirken von Jesus stellen wohl immer eine enorme Gratwanderung dar. Für die einen verkommt das Gezeigte dann oft zu einer von der Schrift abweichenden, das heißt frei interpretierbaren und damit blasphemischen Sache – während die andere Seite oft die Fundamentalismuskeule schwingt, wenn Jesus nicht gerade als Ober-Homo oder plumper frommer Hetzer dargestellt wird. Umso mehr erstaunt Pier Paolo Pasolini mit seiner Version. Linear erzählt er von der Geburt, dem Erwachsenwerden bis hin zum Tod am Kreuz die Lebensgeschichte des Nazareners enorm textgetreu nach. Die Dialoge bestehen praktisch ausschließlich aus Bibelzitaten, ohne dass noch etwas hinzugefügt worden wäre. Ein feiner Schachzug, der einer Kritik seitens der Kirche schnell den Wind aus den Segeln genommen haben dürfte. Aber selbst jemand, der rein gar nicht von der Person Jesu hält und der Lehre kritisch gegenüber steht, wird an dem Film seine Freude haben. Die starken Schwarzweiß-Bilder passen ebenso perfekt wie die musikalische Untermalung, die von Klassikpassagen bis hin zu modernen Gospel-Einlagen reicht. Das große Verdienst Pasolinis, selbst ja überzeugter Atheist, ist, das er es tatsächlich geschafft hat, es allen recht zu machen, sofern man bereit ist, ein klein wenig aus seinem Schubladendenken herauszukommen. Ein starker Beitrag zu dieser Thematik.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Il vangelo secondo Matteo Land: Italien, Frankreich Jahr: 1964 Regie: Pier Paolo Pasolini Darsteller: Enrique Irazoqui, Margherita Caruso, Susanna Pasolini Weitere Infos: IMDB, Amazon
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