Abschied von Matjora
Die Tage von Matjora sind gezählt: das kleine Inseldorf soll einem Stausee weichen und komplett geflutet werden. Gegen den heftigen Widerstand der Einwohner setzen die Behörden den Räumungszeitplan minutiös um. Doch selbst als bereits alle Häuser niedergebrannt sind stellen sich noch Einwohner quer – eine Tragödie bahnt sich an. „Postschanije“, so der Originaltitel, war ursprünglich ein Projekt von Larissa Schepitko. Weil die Regisseurin während der Dreharbeiten tödlich verunglückte, führte ihr Ehemann Elem Klimow („Geh und Sieh“, „Agonie“) den Film vier Jahre später zu Ende. Auch in diesem Werk dominiert russische Schwermut: aus eindringlichen, wunderschönen Bilder webt Klimow ein düsteres Panorama des Untergangs. Im tieferen Sinn ist „Postschanije“ natürlich auch eine allgemeingültige Reflektion über Tradition und Fortschrittfanatismus. Das vielleicht schönste Bild für diesen endlosen Kampf findet Klimow in einem hochgewachsenen Baum, der so etwas wie das spirituelle Zentrum des Dorfes darstellt. Nachdem man mit Axt, Motorsäge und Traktor erfolglos versucht hat ihn zu Fall zu bringen, steckt man in zuletzt kurzerhand in Brand. Trotz symbolgewaltiger Momente wie diesem und dem großartigen Score ist von den drei bemerkenswerten Filmen die Klimow in den 80ern gedreht hat, dieser nicht der größte. Vielleicht, weil die vermittelte Botschaft sich eigentlich von selbst versteht. Vielleicht aber auch, weil wir selbst alle „Matjoras“ dieser Welt schon geflutet haben.
Zusätzliche Informationen zum Film
Originaltitel: Postschanije Land: Sowjetunion Jahr: 1983 Regie: Elem Klimow Darsteller: Stefanija Stanjuta, Lew Durow, Alexei PetrenkoWeitere Infos: IMDB, Amazon
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